THE INSIDER

Regie: Michael Mann
Start: 27. April 2000

Stellt Euch vor, ein milliardenschwerer Konzern ist zu blöd, sich im Internet seine Markennamen als Domains zu sichern. Mal tut er's, mal nicht. Der Konzern heißt British American Tobacco (B.A.T.) und macht Zigaretten wie Gauloises, Kent, HB. Schaut mal, wem die Webseiten gehören. h-b.de zum Beispiel einem Büroservice. Eindeutige kommerzielle Nutzung der berühmtesten und erfolgreichsten Marke von B.A.T. Aber wer glaubt, das würden sie verbieten, irrt. Stattdessen streiten sie sich mit mir um die Domain luckystrike.de, denn auch 'Lucky Strike' ist eine ihrer Marken. Das heißt, eigentlich nicht, sie sind nur Lizenznehmer von Brown & Williamson, um die es in THE INSIDER geht. Die haben nämlich bewußt süchtigmachende (und natürlich auch krebserregende) Stoffe in Zigaretten gemischt, und einer ihrer Forscher, der dafür mitverantwortlich war, wollte nicht mehr mitspielen und packte vor Gericht aus. Vorher versuchte man ihn noch psychisch unter Druck zu setzen, was Michael Mann - ganz ohne Actionszenen - einfach wunderbar in weit mehr als zwei Stunden spannend inszenierte, aber bitte, solche Sätze könnt Ihr zuhauf bei anderen Kinosites lesen, also zurück zum Punkt.

B.A.T. streitet sich um luckystrike.de, die ich als studierter Amerikanist einfach mal mir nahm, weil 'lucky strike' nichts anderes als Glückstreffer heißt. Und B.A.T. bereits drei Domains besaß (lucky.de, lucky-strike.de, lucky-strike-originals.de), von denen sie nur eine nutzte. Sollte ja reichen, denkt man, wenn sie nicht mal die einzig mögliche Domain für ihre berühmteste Marke HB haben wollen. Aber nein, diese Raffgieros klagen und bekommen vor der Justiz in Hamburg, die ich ja tendentiell und in nicht unbeträchtlichen Teilen für korrupt halte, auch noch recht. Kurz danach verletzen sie die Namensrechte von Prinz Ernst August auf einem ihrer Plakate, weil ihnen die Namensrechte anderer offenbar scheißegal sind. Würg. Inzwischen hat man mir gesteckt, dass die schließlich auch schon Plantagenarbeiter in KZs von Pinochet haben verschwinden lassen. Das war in Chile. Pinochet geht's ja nun an den Kragen, so oder so. Und der Forscher im Film, den Russell Crowe spielt, ja, der hat eigentlich die ganzen Schadensersatzklagen in den USA (und bald auch in Deutschland) möglich gemacht, die nun so langsam die Zigarettenindustrie in den Ruin treiben werden. Das nennt sich Karma. Hätten sie sich nicht mit mir angelegt, wär ihr Aktienkurs nicht um 50 Prozent eingebrochen, und die Richter in den USA hätten womöglich anders entschieden. So ist nix mehr zu machen. Großes Unheil wird hereinbrechen über B.A.T., ihre Kanzlei und die zuständigen Zivilkammern. THE INSIDER ist Teil dieses Karmas. Ich habe schon 7 Leute dazu gebracht, die Marke zu wechseln. Die rauchen jetzt zum Beispiel Marlboro, das Wort kenn ich nämlich nur als Zigarettenmarke, da fühl ich mich nicht so beklaut, wie wenn man mir nach 9 Jahren Schulenglisch einfach zwei Worte stehlen will, wie es B.A.T. machte. Ich hab mir ausgerechnet, dass diese 7 Leute im Schnitt 7 Zigaretten pro Tag rauchen, das sind am Tag 49, im Jahr 49 mal 365, also 17.885. Eine Zigarette kostet etwa 25 Pfennige, das macht also 17.885x25 Pfennige, fast 4.500 DM Verluste für B.A.T. pro Jahr, nur weil sie mir auf den Senkel gingen. Okay, okay, ich übertreibe, bleibt ja nicht alles bei denen hängen, aber in ein paar Jahren haben sie das eingebüßt, was mich der Rechtsstreit für Gericht und gegnerische Kanzlei Lovells, Boesebeck und Droste kosten soll. Und dabei kann ich nicht mal zahlen, seltsam. Daran erkennt man, dass man nicht rechnen können muss, um Vorstand eines großen Unternehmens sein zu können. Dumm geschafft und dann zapf dir einen. Man macht einfach alles falsch, greift einen Mittellosen an, der gelernter Journalist ist, ein Buch zum Fall veröffentlicht und sich nicht vorstellen kann, dass B.A.T. noch eine Zukunft im Internet hat. Solche Unternehmen mag man nicht im Netz.

Und was lernen wir daraus? Eins kommt eben zum andern. Brown & Williamson machen Scheiße in ihre Zigaretten. Ihre Lizenznehmer bauen Scheiße im Internet. Wer Scheiße verkauft, muß auch scheiße sein. Wer Scheiße verteidigt, muß auch scheiße sein. Und wer scheiße redet, wird an Scheiße ersticken. Wir haben es ja immer gewußt. Die Welt ist wieder in Ordnung. Aus dieser Weisheit könnte man glatt den Refrain eines Hip-Hop-Titels schmieden. Scheiße!

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© Constantin Film