Sinav
Die Prüfung
(Sinav)
Regie: Ömer Faruk Sorak
Start: 19. Oktober 2006
Auf dem Filmfest Hamburg 2004 überredete mich Christoph, mir mit ihm
zusammen einen türkischen Klassiker anzuschauen: UMUT (Die Hoffnung)
von 1970. Als Kunstbanause fällt es mir nicht schwer, zuzugeben, ich
habe mich zu Tode gelangweilt. Und als KILLER mir die Einladung zur
Vorführung von SINAV mit anschließender Pressekonferenz
weiterleitete, die ich wie viele andere auch selbst nicht bekommen hatte,
erwartete ich ein gleichwertig spannendes Filmerlebnis. Aber ich erwartete
auch Essen und Trinken und deswegen meldete ich mich selbstredend an.
Mein Essen und Trinken sah ich schwinden, nachdem ich - den
Kartenabreißer den Weg zur Pressevorführung fragend - von
selbigem in die oberste Kino-Etage geschickt wurde, wo mir ein weiterer
Angestellter versicherte, ich sei hier richtig, der Film liefe in allen
vier Kinos gleichzeitig, und ich wäre einer der wenigen, die bisher
überhaupt anwesend seien. Kurz vor 20:00 Uhr, dem geplanten Beginn
der Vorstellung, entdeckte ich zu meiner Freunde wenigstens noch ein
bekanntes Gesicht. Das Gesicht unterhielt sich gerade mit dem
Kino-Manager, der ihm zu verstehen gab, dass der Film in allen vier Kinos
gleichzeitig laufe und er solle sich einfach in einen jener vier
Kinosäle begeben. Es ginge dann um 21:00 Uhr los. Dann machte er sich
vom Acker und ließ mich mit meinem und dem Gesicht alleine.
Wohin er sich vom Acker machte, machte mich allerdings mehr als stutzig,
befand er sich doch plötzlich uns gegenüber auf einer kleinen
Empore. Empört beobachte ich das Spektakel und am Anfang einer zur
Empore empor ragenden Wendeltreppe entdeckten das Gesicht und ich alsdann
einen kleinen Menschenauflauf, der darauf schließen ließ: Hier
gibt es etwas umsonst.
Reine journalistische Neugier (und sonst gar nichts) trieb uns an jenen
Ort des Geschehens. Dort angekommen wedelte ich nicht lange und fackelte
dem Security-Angestellten mit meinem Anmelde-FAX entgegen. Der Name
kinokiller stand auf seiner Liste, da musste er nicht lange
überlegen. Entweder, weil es der bescheuertste Name auf der Liste oder
aber auch nur der einzig deutsche war. Das Gesicht, ebenfalls ohne eigene
Einladung, aber auch ohne Einladung weiterleitenden KILLER, gab ich als
Kollegen aus, woraufhin man uns mit zwei Eintrittskarten (die - um die
Spannung nicht ins Unendliche zu treiben - nie jemand sehen wollte), zwei
T-Shirts und zwei VIP-Bändchen, die uns den unebenen Weg die
Wendeltreppe hoch ebneten, versorgte.
Und oben angekommen gab es endlich... naja, nicht wirklich was zu Essen,
außer Popcorn, gesalzen, nicht gezuckert, und... - richtig: BIER!
Mein Abend war gerettet - und sechs Bier sind ja bekanntlich auch eine
Mahlzeit.
Ich könnte nun noch erzählen, wie Jean-Claude van Damme sich
fürs Photo-Shooting im VIP-Bereich aufhielt und wie unscheinbar (und
vor Allem klein) er außerhalb der Leinwand wirkt, wie ich nach dem
ersten Krombacher ein exotisches Miller-Bier entdeckt, welches laut
Bar-Dame eben erst eingetroffen wäre, sonst hätte ich
natürlich auch vorher schon so eins bekommen, oder wie sie alsdann
versuchte, mich mit einer Flasche Miller-Bier, deren Glasrand, wie ich
nach dem ersten Schluck bemerkte, leicht zersplittert war, zu
besänftigen - oder zu ermorden, wie der Kino-Manager abfällig
sinnierte, wie die Meute in Richtung Kino zu bewegen sei (vermutlich, um
mehr Miller-Bier für sich zu haben), und als sie sich dann bewegte,
und die Stars in Kino 5 verschwanden, die Presse gern in Kino 6 verfracht
hätte, mit dem Spruch, dort würde Jean-Claude die längste
Ansprache halten, und dass die Ansprache in Kino 6 gerade einmal 2
Sätze lang war, und im Kino 5 auch nicht länger, aber es ist nun
schon fast so spät wie es war, als ich um kurz nach zwölf mit
einer letzten Flasche Miller-Bier im Arm das Etablissement in Richtung
letzter S-Bahn hurtig verließ, mich fragend, wo die auf der
Einladung erwähnte Pressekonferenz wohl stattgefunden haben mag, denn
das hatte irgendwie keiner erwähnt, und mich ärgernd, warum ich
mich denn so hurte, wo ich mich doch nur vertan habe und um 1:00 Uhr auch
noch eine S-Bahn fährt, und ich will ins Bett und hab' die Schnauze
voll von nicht enden wollenden Mammut-Sätzen, darum sei nur noch kurz
erzählt:
SINAV - DIE PRÜFUNG handelt von einer Gruppe Jugendlicher, die sich
auf ihre Uniprüfung vorbereiten. Daraus einen Action-Film zu machen,
und dass und wie Jean-Claude van Damme ihnen dabei behilflich ist oder
auch nicht, entbehrt nicht einer gewissen Komik. SINAV ist ein interessant
und rasant geschnittener, action-reicher und überaus lustiger Film
mit flotter Musik, der nicht nur dem türkischen Publikum gefallen
dürfte, auch wenn den schnellen, deutschen Untertiteln - mit Bier
noch mehr als ohne - fast schwer zu folgen ist. Auf Jean-Claude van Damme
muss man freilich - so wie man es sich schon denken kann - bis zum Schluss
warten, ist sein Auftritt doch eher als Gag zu sehen und weit geringer als
die Werbewirksamkeit seines Namens. Und in allen vier Kinos zusammen
dürfte er auch mehr gesagt haben, als im gesamten
120-Minuten-Film.
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