MR. NICE GUY


Regie: Sammo Hung
Start: 17. Juni 1999

Obwohl ich von RUSH HOUR nicht sonderlich begeistert war, habe ich, da es sich gerade anbot, damit angefangen, mir die Jackie- Chan- Reihe auf Pro Sieben anzuschauen, glücklicherweise kann Pro Sieben die Filme inhaltlich nicht besonders verstümmeln, denn eins habe ich mittlerweile gelernt: Jackie- Chan- Filme leben von den Kampfszenen, nicht von einer ausgeklügelten Geschichte, und obwohl auch RUSH HOUR keine sonderliche Story aufzubieten hatte, bin ich letztendlich der Meinung, das war kein Jackie- Chan- Film.
MR. NICE GUY, das ist einer, und wenn ich mal so sagen darf, denn mittlerweile bin ich ja Profi ;-), einer der besseren. Natürlich muß man da aufpassen, ich habe MR. NICE GUY im Original gesehen, die Synchro kann da sicherlich noch einigen Schaden anrichten, denn im Englischen erzeugen die bösen Buben, auch wenn sie recht plump auftreten, einfach nicht diese merkwürdige Atmosphäre, als müßte man sich schämen, wenn man weiter zuschaut. Ich sage das, weil ich gestern Nacht trotz aller Anstrengungen nicht in der Lage war, mir POLICE STORY: DER SUPERCOP SCHLÄGT WIEDER ZU länger als 20 Minuten anzuschauen. Bei DRUNKEN MASTER 2 kam ich auch schon ins Straucheln, und ich muß sagen, die Versuche verbaler Komik sind hier einfach nicht so mein Fall. Auch das ein Vorteil der Originalfassung von MR. NICE GUY, blöde Witze klingen im Englischen einfach doch nicht so blöd wie im Deutschen, so ist mir hier auch nichts Negatives aufgefallen, aber dafür etwas sehr Positives. An Kampfszenen wartet MR. NICE GUY mit einer noch nicht dagewesenen Vielfalt auf. Neun verschiedene Sequenzen, sagt das Presseheft, und zuerst einmal scheint einem das gar nicht so viel, auch muß ich zugeben, ich habe nicht mitgezählt, aber wenn man - sagen wir - pro Szene 10 Minuten veranschlagt, dann sind mit neun dergleichen schon die 90 Minuten um, und MR. NICE GUY ist nur 88 Minuten lang. Ob der Showdown, der nicht direkt aus einem Kampf besteht auch dazu gehört? Ich denke schon, geplant war hier eh zuerst etwas Anderes, doch da sich Herr Chan in seinen Filmen ja regelmäßig verletzt, änderte man kurzerhand das Konzept, nicht das Drehbuch, denn für den Großteil des Ablaufes exitiert ein solches überhaupt nicht. Jackie Chan hierzu die Hauptkampfszene auf einer Baustelle betreffend:

"Für einen Kampf wie diesen haben wir zwar eine bestimmte Vorstellung, wie der Anfang und das Ende der Szene auszusehen haben, ebenso haben wir eine strukturelle Grundidee und planen alle Stunts, die darin vorkommen sollen, doch alles andere, was dazwischen passiert, sowie die Einzelheiten des Kampfes, müssen direkt vor Ort ausgearbeitet werden - denn es passiert oft, daß man seine ursprünglichen Pläne nicht in die Tat umsetzen kann."

Weitere Kampfszenen beinhalten die Jagd durch ein Einkaufszentrum, eine gemütliche Reise in einer Pferdekutsche, deren Ende nicht mit einem blue screen gedreht wurde und einen kleinen Wettkampf in einer Nobelvilla, deren Bau übrigens 1,5 Millionen Dollar kostete. Da freut sich der brave Bausparer mit seinem kleinen Einfamilien- Häuschen und dem gesprengten Kreditrahmen doch gleich doppelt. Schon bitter, wenn man sich das mal vor Augen hält.

Einzig nervig fand ich die etwas zu oft eingesetzten Slow- Motion- Effekte. Wäre MR. NICE GUY sonst zu kurz geraten? Aber immer noch besser, als diese langsam gedrehten Szenen, die danach mit doppelter Geschwindigkeit abgenudelt werden, so wie bei besagten SUPERCOP und sehr zum Leidwesen von Pro Sieben, die ja gerne langsamer nudeln. Bei MR. NICE GUY fallen derartige Effekte zumindest nicht störend ins Auge, nur einmal, als Jackie Chan unter einem 120- Tonnen- Kipplaster seine Runden dreht, da fingen seine Beine, so wie in den alten Western die Kutschenräder, ja schon fast an sich rückwärts zu drehen.

Und weil jetzt wieder Leute jammern, ja worum geht's denn überhaupt in MR. NICE GUY. Wie gesagt, die Geschichte ist zweitrangig. Jackie Chan mimt einen Fernsehkoch (die können alle Kung- Fu ;-), Gabrielle Fitzgerald die Journalistin Diane, die zwei verfeindete Böse- Buben- Gangs bei bösen Spielchen filmt, und eine Videokassette mimt das Objekt der Begierde. Jackie Chans Freundin heißt diesmal Miki (MIKI LEE, die ebenso wie Karen McClymont, die widerum Jackie Chans Assistentin Lakeisha mimt, hier ihr Spielfilmdebüt gibt). Bad Boy No. 1 ist Richard Norton aka Giancarlo.
Und wie gesagt, die Bösen sind nichts weiter als sprechende Strichmännchen, man kann sich hier durchaus einmal überlegen, in die Originalfassung zu gehen, bei Filmen mit mehr Dialogen propagiere ich das sonst ja nicht, aber hier verpaßt man nicht viel, sondern bekommt Herrn Chan mal leibhaftig zu hören.
MR. NICE GUY ist übrigens die erste Jackie- Chan- Produktion, die komplett in Englisch gedreht wurde, bis auf Miki Lees Kanton- Chinesisch - sagt das Presseheft - welches synchronisiert wurde. Ich schreibe das vor allem, weil ich selbst jetzt nicht weiß, wie das genau gemeint ist. Stellenweise unterhalten sich Miki und Jackie zwar auf Chinesisch, da bekamen wir aber englische Untertitel. Die paar Worte Jackie, I'm here und dergleichen müßte Miki Lee doch auch so gepackt haben.

KO

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Ach nein, Kinowelt hält ja nix davon, Internet- Magazine zu supporten. Vielleicht schämen sie sich ja so für ihre Filme, daß sie sie lieber totgeschwiegen haben wollen. Ich werde das beim nächsten Mal in Betracht ziehen. Um meinen hierigen Faux-pas wieder gut zu machen, empfehle ich, geht eben einfach in MATRIX, statt in MR. NICE GUY, und falls ihr doch in MR. NICE GUY geht, verratet bitte nicht, daß wir drüber geschrieben haben, sonst klaut uns Kinowelt beim nächsten Mal noch die Buchstaben...
Ich habe dafür vollstes Verständnis, schließlich macht es mehr Sinn, FOCUS und Konsorten ordentlich viele Dias zu schicken, damit die dann eins davon abdrucken.
Ein Bild nehme ich nächste Woche trotzdem noch rein, sie waren nämlich so unvorsichtig, dem Presseheft einen Umschlag zu verpassen, ich vergesse es nur immer einzuscannen.