JETZT ODER NIE
Drehbuch & Regie: Lars Büchel
Start: 14. Dezember 2000
Am Anfang...
Also ich kann Euch vom Anfang des Films nichts erzählen.
Und ich kann es nicht nicht, weil ich nicht pünktlich war,
sondern weil unsere Presseversion schlicht keinen Anfang hatte.
Oder zumindest nicht den, den Ihr sehen werdet. Oder besser gesagt,
nicht sehen werdet. Das Ganze kam nämlich so:
"Ich muss Ihnen noch etwas mitteilen.", sagte die Pressebetreuerin
kurz vor Beginn der Vorführung, "Die ersten drei Minuten sind ohne Bild,
weil der Film noch nicht zu Ende geschnitten ist."
Und weil man weiß, Journalisten sind neugierige Leute und fragen gerne
nach, auch wenn die Fragen am Ende alle ziemlich bescheuert sind, fügte
sie hinzu: "Sie hören also nur den Ton!"
Wenn Ihr mich fragt, aber das tut ja keiner, man sollte den
Film so lassen. Es kam wirklich ziemlich stimmungsvoll rüber.
Die letzten Muckse der Mäuse im Kino verklingen bis zur absoluten
Stille (es ist also mucksmäuschenstill), rote Stoffsitze, der Vorhang,
rot, ist geschlossen, das Licht ist an. Dann eine Melodie, flotter
Sound, immer wieder unterstützt von einer Art elektronischem Blubbern.
Eine Stimme erzählt von einer ins Wasser gefallenen Kreuzfahrt und
ihrem Tod. Langsam und gemächlich verwandelt sich die Beleuchtung im
Kino in eine Art Dämmerung. Der Vorhang beginnt sich zu öffnen.
Es ist dunkel. Die Leinwand auch. Schnitt!
Wir sind im Film.
Nun ja, nicht direkt wir sind im Film, aber Carla (Gudrun Okras),
Lilli (Elisabeth Scherer) und Meta (Christel Peters), die sind es.
Im Wasser, besser gesagt. Und um ganz genau zu sein,
sollte noch erwähnt werden, zwischen dem Wasser und ihnen
befindet sich ein Ruderboot. Und die drei Mädels, also die wiegen
zusammen gut an die 230. Der Grund warum das Boot nicht kentert?
Abgesehen davon, daß Boote ein solches Gewicht locker zu tragen
im Stande sind, solange sie nicht Leck schlagen, und dieses Boot hat
kein Loch, sie wiegen keine 230 Kilo, sondern 230 Jahre.
Tja, JETZT ODER NIE, in diesem Alter bekommt der Spruch und Titel
des Films eine ganz neue, unheilvolle Bedeutung. Bis jetzt sind
die Mädels aber noch recht rüstig und rudern redselig rund,
während der Freundeskreis beständig kleiner wird, allen voran
der mit geringerer statistischer Lebenserwartung gestrafte,
männliche Anteil. Das reicht bald für ein ganzes, eigenes Buch.
Carla, Meta, Lilli und Metas Mann.
Wenn nicht gerudert wird, dann wird im Tante- Emma- Laden um die Ecke
eingeklauft, Alk vertreibt Kalk, mal gut und gerne einer auch gebechert,
Freunde auf dem Friedhof besucht oder von der noch ausstehenden,
geplanten Kreuzfahrt geträumt. Das Geld dafür ist bald beisammen,
wird ja auch Zeit, denn Zeit ist Geld.
Nicht zuletzt der beständig über allem schwebende Modergeruch
macht aus JETZT ODER NIE eine schwarze Komödie, auch ansonsten
wird einem zu genüge vor Augen geführt, das ist nicht ernst gemeint
und daher kann man kleinere Vergehen auch leicht verzeihen, auch
kameratechnisch.
Till Schweiger, mitverantwortlicher Produzent, hat sich zum
Glück nur eine kleine Rolle zugeschustert. Beziehungsweise muss
man sagen, wurden die Nebenrollen großteils einfach mit Freunden
der Macher aufgefüllt, wobei mich Martin Semmelrogge, in
BANG BOOM BANG
noch grandios, als undankbarer Sohn hier schauspielerisch nicht
gerade überzeugte.
Mal was ganz anderes: Wieviele unterschiedliche Personen sind
auf diesem Bild?
Manch Kollege freilich meinte, in realen Altersheimen seien
die Zustände noch schlimmer als im überzeichneten Film. Die
alten Säcke müssen es ja schließlich wissen, hehe,
ist wohl aber wirklich so. In JETZT ODER NIE wirkt indes alles wie aus
der guten alten Zeit, und dennoch
spielt es nicht in dieser, wie jemand nach dem Filme dachte, sondern
in der Gegenwart.
Mai 2000, wenn ich mich recht entsinne, ich hab' eben gut aufgepasst.
Home
Bildmaterial:
© Senator Film