Spurwechsel
(Changing Lanes)
Regie: Roger Michell
Darsteller: Ben Affleck, Samuel L. Jackson
Start: 7. November 2002
Mittwoch, der 26. September 2002, 19:30 Uhr, Gleis elf am Darmstädter
Hauptbahnhof, endlich Feierabend, da erblickst du dieses Mädchen auf
der Bank. Naturblonde Haare, purpurfarbene Hose zu hellblauem Shirt, ihr
Blick schweift gedankenverloren ins Leere.
Dein Zug erhält Einfahrt und du wartest die austeigenden
Fahrgäste ab. Sie steht auf und nähert sich dem gleichen
Einstieg. Du überlegst, ob du dich überholen lassen sollst und
dich dann in ihre Nähe setzt, ertappst dich selbst bei diesem plumpem
Gedanken und steigst vor ihr ein.
Konsequent gehst du in die Richtung, in die sie wahrscheinlich nicht geht,
und entgehst damit weiteren Überlegungen, da du dich eh nie
trauen würdest, sie anzusprechen. Dennoch geschieht nicht nur das
Unwahrscheinliche, sondern sie setzt sich sogar den Vierersitz dir
gegenüber. Dein Pulsschlag erhöht sich. Du ziehst - trotzdem,
wie immer - die Schuhe aus und legst die Füße hoch, auch wenn
du dich deiner weißen Tennissocken schämst. Ihre sind immerhin
blau.
Während der Fahrt blickst du die meiste Zeit aus dem Fenster. Sie
ebenfalls. Ganz selten dreht sie sich um und schaut ein Wenig in deine
Richtung. Du weißt das, da du ihr Spiegelbild in der Scheibe
beobachtest. Manchmal auch siehst du direkt zu ihr hinüber, aber eure
Blicke begegnen sich nie.
Schließlich nähert sich der Zug deinem Umsteigebahnhof, einem
ziemlich kleinen. Hier steigt sie bestimmt nicht aus. Während du
deine Schuhe anziehst, schaut sie weiter aus dem Fenster. An der Tür
blickst du ein letztes Mal zu ihr. Eure Blicke treffen sich frontal. Du
steigst aus. Sie nicht.
Zuhause. Wie so oft schläfst du nicht sofort ein. Du denkst an sie
und stellst dir vor, was alles hätte geschehen können,
hättest du sie nur angesprochen. Den nächsten Tag über
schweifen deine Gedanken oft in diese Richtung. Du nimmst wieder den
späten Zug, obwohl es nicht sein müsste, doch sie ist nicht da.
Eine Woche vergeht, am Bahnhof gleitet dein Blick umher, ohne ihr zu
begegnen. Der Alltag lenkt deine Gedanken ab, doch hin und wieder
erinnerst du dich an den Augenblick. Du weißt nicht, ob nun drei,
vier oder fünf Wochen vergangen sind, ob es ein Donnerstag oder ein
Freitag war. Doch das ist nicht wichtig. Auch ihr Gesicht könntest du
eher vage nur beschreiben. Würdest du ihr begegnen, würdest du
sie sofort wieder erkennen, ihr diesmal vielleicht zulächeln. Doch
dieser Gedanke verfolgt dich nicht. Eure Begegnung ist in einen entfernten
Teil deines Gedächtnisses gewandert, die Erinnerung an den Augenblick
mehr und mehr verblasst.
Mittwoch, der 26. September 2002. SPURWECHSEL handelt von diesem Tag.
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© UIP